Der deutsche Exportmotor gerät in der lahmenden Weltkonjunktur zunehmend ins Stottern. Die Ausfuhren „Made in Germany“ sanken auch im August sowohl gegenüber dem Vorjahresmonat als auch zum Vormonat, wie das Statistische Bundesamt in Wiesbaden mitteilte.
Der Rückgang fiel teils deutlicher aus als von Branchenexperten erwartet. „Die sonst sichere Stütze „Außenhandel” der deutschen Wirtschaft wackelt bedenklich“, sagte Volker Treier, Außenwirtschaftschef der Deutschen Industrie- und Handelskammer (DIHK).
Treier zufolge fehlt aus dem Ausland die Nachfrage nach Ausrüstungs- und Vorleistungsgütern. Zudem belasteten gestiegene Energiepreise, eine im internationalen Vergleich hohe Steuer- und Abgabenbelastung sowie bürokratischer Nachweispflichten das Auslandsgeschäft deutscher Unternehmen. Der Präsident des Bundesverbandes Großhandel, Außenhandel, Dienstleistungen (BGA), Dirk Jandura, forderte, die Bundesregierung müsse Handelshemmnisse abbauen und ein Klima der Wettbewerbsfähigkeit und Investitionsfreude schaffen.
Deutsche Unternehmen lieferten im August Waren im Wert von 127,9 Milliarden Euro ins Ausland. Das waren kalender- und saisonbereinigt 5,8 Prozent weniger als ein Jahr zuvor und 1,2 Prozent weniger als im Vormonat. Analysten hatten im Schnitt nur ein Minus von 0,6 Prozent gegenüber Juli erwartet.
Im Handel mit den Mitgliedstaaten der EU gab es gegenüber dem Vormonat einen Rückgang von 1,5 Prozent auf 69,6 Milliarden Euro. Die Ausfuhren in die USA sanken um 1,3 Prozent auf 13,3 Milliarden Euro. Die Exporte nach China stiegen dagegen um 1,2 Prozent auf 8,4 Milliarden Euro. Die USA und China sind die wichtigsten Einzelmärkte für „Made in Germany“. Größte Absatzregion ist die EU.
Auch die Importe nach Deutschland waren mit 111,4 Milliarden Euro im August zum Vormonat (minus 0,4 Prozent) und zum Vorjahresmonat (minus 16,8 Prozent) rückläufig.
„Letztlich muss der schwache Export nicht weiter verwundern, denn das globale Exportvolumen stagniert nun seit zwei Jahren“, erläuterte VP-Bank-Chefvolkswirt Thomas Gitzel. Die deutsche Industrie mit ihrem hohen Anteil ausländischer Kundschaft leide darunter. „Bereits im Juli waren also die Ausfuhren deutlich im Rückwärtsgang, jetzt muss auch im August ein empfindliches Minus hingenommen werden.“
Nach Einschätzung von ING-Chefvolkswirt Carsten Brzeski ist der Handel nicht mehr wie in der Vergangenheit der „starke, belastbare Wachstumsmotor der deutschen Wirtschaft, sondern eher eine Bremse.“ Lieferkettenprobleme, eine stärker fragmentierte Weltwirtschaft und die zunehmende Fähigkeit Chinas, Waren zu produzieren, die es zuvor in Deutschland gekauft habe, belasteten den deutschen Exportsektor. „Die Abkühlung der globalen Nachfrage verschärft derzeit die strukturellen Probleme.“
Die Stimmung in der deutschen Exportindustrie trübte sich zuletzt deutlich ein. Die Exporterwartungen der vom Ifo-Institut befragten Unternehmen fielen von minus 6,5 Punkten im August auf minus 11,3 Punkte im September. Das ist der schlechteste Wert seit drei Jahren. „Die Ausfuhr in alle wichtigen Regionen ist gegenwärtig rückläufig“, sagte Umfrageleiter Klaus Wohlrabe unlängst.
Trotz der zuletzt schwachen Monate fiel die Exportbilanz für die ersten acht Monate positiv aus. Der Wert der ausgeführten Waren stieg um 1,7 Prozent auf 1049,9 Milliarden Euro. Im vergangenen Jahr hatte der deutsche Außenhandel auch wegen teils deutlicher Preiserhöhungen ein Rekordergebnis erzielt. Genau beziffern lassen sich die Effekte allerdings nicht, da die Statistiker keine preisbereinigten Daten zum Außenhandel erheben.
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