Seit ihrer Geburt lebt die 14-jährige Luise T. (alle Namen geändert) bei ihrer Oma Hanna T. Liebevoll hat die 61-Jährige ihre Enkelin großgezogen. Doch das Geld in der kleinen Familie ist knapp.
Luises Mutter, bei der Geburt 20 Jahre alt, war nicht in der Lage, sich allein ausreichend um ihr Baby zu kümmern, der Erzeuger war nie präsent. „Kurz nach der Schwangerschaft hat sie mit Drogen angefangen“, erzählt Hanna T. traurig. Auch ihr Sohn habe Drogen genommen. Vor zwei Jahren starb er daran.
Während der Schwangerschaft und auch noch danach lebte Luises Mutter mit in der Wohnung, passte auch mal auf ihre Tochter auf, wenn Hanna T. arbeiten ging. Aber sie war nicht zuverlässig, war mal zu Hause, dann wieder weg. „Ich habe eigentlich die Mutterrolle übernommen“, stellt Hanna T. fest. „Kurz vor Luises viertem Geburtstag hat ihre Mutter gesagt, sie geht jetzt“, Luise solle bei ihr bleiben.
Von Beginn an hatten Großmutter und Enkelin eine starke Bindung zueinander. Bis heute ist es so. Luises Mutter wurde in ein Methadonprogramm aufgenommen, das heißt, sie bekommt einen Ersatzstoff anstatt der Drogen. Zu ihrer Tochter hat sie sporadisch Kontakt, doch das Verhältnis ist schwierig. Nach Luise bekam sie noch zwei Buben, heute vier Jahre und ein Jahr alt. Für ihre Tochter war es schwer, zu verstehen, wieso die Geschwister bei der Mutter leben können, sie aber nicht. „Es ist nicht fair gewesen“, sagt die Teenagerin. Inzwischen leben auch die Buben in Pflegefamilien.
In der Grundschule machte Luise eine schwere Zeit durch. Oft weinte sie, wenn sie heim kam, weil die Mitschüler sie gehänselt hatten. „Ich wurde immer ausgeschlossen“, erinnert sie sich. „Irgendwie mochten die mich alle nicht.“ Sie nahmen ihr das Vesper weg oder ließen sich Geld von ihr geben, um etwas zu kaufen. Ihren Kummer schluckte Luise hinunter.
„Für Pflegekinder ist es grundsätzlich schwierig“, meint Daniela Tischer vom Jugendamt, Fachdienst Pflegekinderwesen, Verwandtenpflege. „Alle anderen Kinder haben ihre Mama, und Pflegekindern wird von anderen Kindern mitunter sehr brutal entgegnet: ,Deine Mama will dich ja gar nicht.‘ Das muss man erst mal verkraften.“
Inzwischen geht es Luise besser in der Schule. Später möchte sie vielleicht Verkäuferin werden, auch wenn ihr das Rechnen schwer fällt, weil sie die Zahlen verdreht. Allerdings ist eine Rechenstörung (Dyskalkulie) nicht offiziell anerkannt worden, deswegen wird ihre Schwäche in der Schule nicht berücksichtigt. Sie muss Prüfungen unter normalen Bedingungen absolvieren und bekommt dann oft schlechtere Noten als ihre Mitschüler.
Wegen einer Hornhautverkrümmung sieht das Mädchen sehr schlecht. Als das festgestellt wurde, bekam sie eine starke Korrekturbrille. Doch das Gestell mit den schweren Gläsern rutschte ständig und drückte auf die Nase, sogar Kopfschmerzen bekam Luise davon.
Weil sie so unglücklich darüber war, befürwortete der Augenarzt schließlich spezielle Kontaktlinsen, die genau auf ihr Auge abgestimmt sind. Allerdings übernimmt die Krankenkasse die Kosten dafür nicht. „Das muss man selber bezahlen“, bemerkt die Oma nüchtern. Zudem muss man die Linsen alle zwölf Monate ersetzen. Nächstes Jahr steht bei Luise außerdem eine Zahn-OP an: Zwei Zähne müssen gezogen werden – unter Narkose, weil die Teenagerin panische Angst vor Spritzen hat. Auch diese Kosten trägt die Kasse nicht.
Das Geld für die ersten Kontaktlinsen hat die Großmutter mühsam zusammengespart, aber sie wird die Sehhilfen nicht auf Dauer finanzieren können. Die 61-Jährige arbeitet drei Mal pro Woche als Reinigungskraft. „Ich gehe gern auf meine Arbeit, ich habe so nette Arbeitskollegen. Das ist wie eine kleine Familie“, sagt sie. Ein Vollzeitjob ist aber nicht möglich, weil sie vor drei Jahren einen Schlaganfall erlitten hat. Deshalb hoffen Oma und Enkelin auf eine Spende aus der Aktion „FLZ-Leser helfen“.
Aus ihrer kleinen Welt ist Luise bisher nicht viel herausgekommen, noch nie hat sie mit ihrer Oma Urlaub gemacht – das ist im Budget einfach nicht drin. Gern würde sie einmal ihre beste Freundin in Niedersachsen besuchen, verrät sie. Bisher kennen sich die beiden nur über das Internet.
Luise ist bescheiden, sie kennt es nicht anders. „Oft sagt sie: Oma, ist das nicht zu teuer?“, berichtet ihre Großmutter. Gerade deshalb ist es Hanna T. wichtig, dem Mädchen zu Weihnachten mit einem Geschenk eine Freude zu bereiten. „Alles, was geht, versuche ich, möglich zu machen“, bekundet sie. „Ich will nicht, dass sie gegenüber ihren Klassenkameraden benachteiligt ist.“
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