Geld an den Arbeitgeber zahlen? Das klingt für Beschäftigte vielleicht erst einmal abenteuerlich. Doch immer wieder kommt es vor, dass Arbeitgeber eine Klausel in Arbeitsverträge einbauen, wonach eine Vertragsstrafe fällig wird, wenn Beschäftigte gegen bestimmte vertraglich aufgelistete Regeln verstoßen.
Doch wann ist eine Vertragsstrafe eigentlich zulässig - und wie hoch kann sie ausfallen? Antworten auf die wichtigsten Fragen.
„Vertragsstrafen sind allgemein im Zivilrecht möglich“, erklärt Tjark Menssen vom DGB Rechtsschutz. Sie kommen dann zur Anwendung, wenn zumindest einer Partei ein hoher Schaden droht, sollte der andere Vertragspartner seinen Vertrag nicht erfüllen oder anderweitig verletzen. „Weil Schadenshöhen in aller Regel kaum zu beziffern und schwer nachzuweisen sind, hat man mit einer Vertragsstrafenregelung eine handhabbare Regelung“, so Menssen.
Arbeitgeber wollen mit einer Vertragsstrafe zumeist erreichen, dass Beschäftigte den abgeschlossenen Arbeitsvertrag einhalten. „Eine solche Klausel dient in den allermeisten Fällen zur Abschreckung“, sagt der Düsseldorfer Arbeitsrechtsexperte Ulrich Sittard von der Kanzlei Freshfields Bruckhaus Deringer.
Beschäftigte sollen beispielsweise ihre Geheimhaltungs- und Verschwiegenheitspflichten einhalten. Üblich sind entsprechende Klauseln in erster Linie auf Führungskräfte-Ebene - in nahezu allen Branchen, „ganz besonders in den Bereichen IT und Technologie sowie Forschung und Entwicklung“, so Sittard. Aber etwa auch im Einzelhandel.
Häufig sind allerdings auch Strafen für den Fall vereinbart, dass Beschäftigte eine Arbeitsstelle erst gar nicht antreten. Sittard nennt ein Beispiel: Eine Person hat mit ihrer Unterschrift unter einem Arbeitsvertrag zugesichert, eine neue Stelle zum 1. Januar eines bestimmten Jahres anzutreten - sie erscheint aber einfach nicht, weil sie zwischenzeitlich ein besseres Jobangebot hat.
Für den Arbeitgeber ergibt sich dann einerseits ein erneuter Aufwand für Stellenausschreibung und Durchführung von Bewerbungsverfahren. Andererseits kann es aber auch zu Schäden kommen, weil der Arbeitgeber selbst ohne den Beschäftigten oder die Beschäftigte seinen vertraglichen Verpflichtungen Dritten gegenüber nicht nachkommen kann. „Ähnlich wäre die Situation, wenn ein Arbeitnehmer ohne Grund für eine fristlose Kündigung kündigt, ohne seine Kündigungsfrist einzuhalten“, erklärt Menssen.
„Zulässig ist sie, wenn der Vertragsbruch eindeutig für den Arbeitnehmer erkennbar ist“, sagt Menssen. Dafür bedarf es glasklarer Regelungen im Arbeitsvertrag. Dort muss unmissverständlich stehen, in welchen Fällen der oder die Beschäftigte Vertragsbruch begeht und gegebenenfalls zahlen muss. „Unzulässig wäre etwa eine Vertragsstrafe für nicht ordentliches Arbeiten“, so Menssen.
Ganz generell gilt zudem: Vertragliche Regelungen können nicht einseitig erfolgen. „Der Arbeitnehmer oder die Arbeitnehmerin muss Ja zu der Vertragsstrafe im Arbeitsvertrag sagen“, betont Sittard.
Das hängt vom Einzelfall ab. „Drei Monatsbruttogehälter als Vertragsstrafe sind durchaus üblich, aber können im Einzelfall von Arbeitsgerichten als unzulässig hoch bewertet werden“, so Sittard.
Wenn jemand eine Stelle nicht antritt, bei der eine Probezeit mit 14-tägiger Kündigungsfrist vereinbart war, wäre etwa auch ein Monatsbruttogehalt als Vertragsstrafe nicht angemessen, weil die Kündigungsfrist nur halb so lang war.
Was können Beschäftigte tun, wenn der Arbeitgeber eine Vertragsstrafe verhängt, diese aber für den Arbeitnehmer nicht nachvollziehbar ist?
Eine Beratung - etwa durch den Betriebsrat, eine Rechtsschutzversicherung oder einen Fachanwalt für Arbeitsrecht - ist immer empfehlenswert. Ansonsten ist es nicht notwendig, aktiv zu werden. „Es ist der Arbeitgeber, der seinen Anspruch auf Vertragsstrafe durchsetzen muss“, sagt Menssen.
Zeigt sich bei der Beratung durch Fachleute, dass der Anspruch unberechtigt ist, ist es der Arbeitgeber, der vor Gericht ziehen muss.
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