Tina sitzt vorm Weihnachtsbaum, hebt ihren Becher Wasser hoch und sagt: „Mein Lieblingsfach ist Deutsch.“ Reden, Trinken, Schule. Alles undenkbar, als das Mädchen vor fast zehn Jahren gleich nach der Geburt Pflegeeltern in Dagenbach fand. In der Familie Lux hat sie ein Zuhause, das sie viel weiter ins Leben trägt als erwartet. Deshalb muss jetzt ein Anbau her.
Tina kam mit schweren Behinderungen zur Welt. Hirnblutungen schädigten ihre Motorik, Krampfanfälle brachten sie in akute Lebensgefahr. Die Ärzte gaben ihr nur wenige Jahre. Ihre Eltern konnten sich nicht um das Neugeborene kümmern. Nicht nur Tina war in dem Haus im Landkreis Neustadt/Aisch-Bad Windsheim willkommen. Markus Lux und seine damalige Lebensgefährtin nahmen noch ein zweites Pflegekind auf. Nachdem die Beziehung auseinandergegangen war, brachte seine heutige Ehefrau Sarah Lux das dritte Mädchen mit. Vor knapp zwei Jahren machte die gemeinsame Tochter Clara das Quartett komplett.
Im kleinen Wohn-, Ess- und Spielzimmer geht es eng zu, auch ohne Weihnachtsbaum. Tina kann sich kaum aus eigener Kraft bewegen, sie braucht ständig Unterstützung. Die zwei Vierjährigen sorgen für viel Tempo, Clara staunt auf dem Arm ihrer Mutter mit großen Augen und Markus Lux schaut nach unten.
Dort liegt Tinas Zimmer. Er muss sie über die enge Treppe jedes Mal tragen, ihren Rollstuhl auch. Das Haus in dem Ortsteil von Trautskirchen liegt in einem großen Garten am Hang. Im Untergeschoss war der Keller. Den hat Markus Lux ausgebaut, als Tina kam. Ein niedriger Raum, zwei kleine Fenster, zu hoch, um im Sitzen rausschauen zu können.
Wegen der Gefahr von Krampfanfällen trägt die Neunjährige nachts einen Sensor für die Sauerstoffsättigung. Schlägt er an, steht Markus Lux auf und eilt in den Keller. Keine Dauerlösung, sagt der 47-Jährige, auch nicht das Tragen von Kind und Rollstuhl über die Treppe. „Wir brauchen etwas Ebenerdiges für sie.“
Der 47-Jährige arbeitet als Integrationshelfer in einer Tagesstätte in Neuhof/Zenn. Ehefrau Sarah will nach der Elternzeit im kommenden Jahr ins Berufsleben zurück. Tina wird täglich ins 70 Kilomter entfernte Altdorf ins Förderzentrum für Körperbehinderte der Rummelsberger Diakonie gefahren. Nur dort gibt es eine passende Schule mit intensiver Förderung.
Ein Umzug scheint der sechsköpfigen Familie ausgeschlossen. Ein Neubau ist finanziell undenkbar, ein passendes Mietobjekt in der Nähe illusorisch. Der Garten ist ideal für die drei Mädchen, die laufen können. Unten im Dorf liegt ein Bauernhof mit einem Schatz: Pferden. „Ich war bei den Pferden“, erzählt Tina von einem denkwürdigen Ausflug. „Dort habe ich mich mit einer Freundin getroffen. Und dann bin ich wieder den Berg hochgefahren. Alleine.“
Sie durfte vor ein paar Wochen einen elektrischen Rollstuhl testen, der ihr ein unbekanntes Gefühl gab: freie Bewegung. „Bei dem Rollstuhl habe ich eine Steuerung, da kann ich auch die Geschwindigkeit einstellen.“ Nach dem erfolgreichen Test ist für sie ein elektrischer Rollstuhl bei der Krankenkasse beantragt.
Hätte sie in dem Anbau einen ebenerdigen Raum, könnte sie mit ihm direkt zu ihrem Zimmer kommen, ohne von ihrem Pflegevater getragen zu werden. Daneben wäre Platz für das Schlafzimmer ihrer Pflegeeltern, für kurze Wege in der Nacht.
Eine Architektin hat einen Plan für das Kinderzimmer gezeichnet. 14 Quadratmeter, mit Drehbereichen für den Rollstuhl, einer Schiebetür, bodentiefen Fenstern und elektronischen Rollos. „Tina könnte ein Fenster aufmachen und hätte zum ersten Mal einen Blick nach draußen“, sagt Markus Lux. Das Zimmer für Tina ist derzeit weit entfernt, im Finanzierungsplan fehlen noch ein paar tausend Euro. Markus Lux bemüht sich um Unterstützung durch Spenden oder Stiftungen und sucht nach Zuschüssen oder günstigen Krediten für Pflegeeltern, deren behindertes Kind viel größer und älter geworden ist als jemals zu hoffen war.
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